Leberkrebs:
Therapie

Welche Behandlung ist die richtige für mich?1

Zur Behandlung von Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC) stehen ganz unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. Welche Therapie für Sie am besten geeignet ist, hängt davon ab, in welchem Stadium sich Ihre Erkrankung befindet, das heißt, wie weit fortgeschritten sie schon ist. Daneben müssen auch andere Vorerkrankungen, ihre Leberfunktion sowie der allgemeine Gesundheitszustand mit in Betracht gezogen werden. Wie bei Ihrer Leberkrebserkrankung vorgegangen wird, wird nicht allein von einer Ärztin oder einem Arzt entschieden. Die Entscheidung wird in einem sogenannten

Tumorboard mit mehreren Expert:innen gefällt. Auch Sie selbst haben natürlich ein Mitspracherecht, wenn es um die Wahl Ihrer Therapie geht. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird mit Ihnen besprechen, welche Therapieoptionen für Sie bestehen und welche Chancen und Risiken es möglicherweise gibt. Scheuen Sie sich auf keinen Fall, nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, oder wenn Sie sich mit der Entscheidung unsicher fühlen. Gemeinsam mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt werden Sie die bestmögliche Behandlungsoption finden.

Was ist ein Tumorboard?

Jeder einzelne Fall von Leberkrebs wird in einem sogenannten Tumorboard besprochen. Das Tumorboard besteht aus Expert:innen unterschiedlicher Fachbereiche. Neben der Onkologie sind zum Beispiel Vertreter:innen aus Gastroenterologie, Radiologie und Chirurgie beteiligt. Gemeinsam bewerten sie alle vorliegenden Befunde, um eine optimale Therapieentscheidung im Team zu treffen und einen individuellen Behandlungsplan für Sie zu entwickeln. Trotzdem haben Sie meistens einen zentralen Ansprechpartner.

Dies wird in der Regel eine Onkologin bzw. ein Onkologe oder eine Gastroenterologin bzw. ein Gastroenterologe sein. Bei der Wahl der Therapie orientiert sich das Tumorboard an den aktuellen medizinischen Leitlinien.1,2 In diesen Leitlinien wird durch ein Gremium von Expert:innen und auf Basis der neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse unter anderem empfohlen, welche Voraussetzungen für welche Therapie erfüllt sein sollten und wer welche Therapie erhalten sollte.

Wie wird Leberkrebs
behandelt?

Die Therapieverfahren werden in zwei große Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe sind die kurativen Behandlungen. Sie sind darauf ausgelegt, eine möglichst vollständige Heilung zu erzielen. Die zweite Gruppe sind palliative Therapien. Sie versprechen in aller Regel keine vollständige Heilung, können jedoch dazu beitragen, die Erkrankung zu verlangsamen, Beschwerden zu lindern sowie die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten.

Kurative Behandlungen: Resektion, Ablation, Transplantation

Kurative Behandlungen: Resektion, Ablation, Transplantation


Je früher Leberkrebs entdeckt wird, desto größer ist in der Regel die Chance, dass der Tumor heilbar ist. Das Ziel einer solchen kurativen Behandlung besteht in der möglichst vollständigen Entfernung oder Zerstörung des Tumors. Das kann auf unterschiedliche Arten erfolgen:

TACE, TARE1

TACE, TARE1

Die transarterielle Chemoembolisation, kurz TACE und die transarterielle Radioembolisation, kurz TARE, sind Verfahren, die angewendet werden können, wenn eine vollständige Entfernung des Tumors nicht mehr möglich ist, oder um den Tumor vor einer solchen Entfernung zu verkleinern.3 Ziel beider Verfahren ist es, den Tumor ”auszuhungern” , indem man seine Blut- und Nährstoffversorgung unterbindet. Dafür macht man sich Besonderheiten in der Blutversorgung von Lebertumoren zu Nutze: Lebertumoren werden fast

ausschließlich über die Leberarterie mit Blut versorgt und besitzen dazu meist eigene Gefäßäste, gesundes Lebergewebe hingegen wird auch von der Pfortader mitversorgt.
Sowohl bei der TACE als auch der TARE wird über die Arterie in der Leiste mit einer Sonde ein dünner Schlauch, ein sogenannter Katheter, bis in die Leberarterie möglichst nah Richtung Tumor geschoben.3

Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT)1

Die stereotaktische Strahlentherapie (auch Stereotaxie oder Hochpräzionsbestrahlung) ist eine Form der Strahlentherapie. Dabei wird ein kleiner Tumor oder eine Metastase sehr genau und gezielt mit vielen dünnen Strahlenbündeln von verschiedenen Richtungen her bestrahlt. So trifft die Strahlung hauptsächlich den Tumor und das umliegende gesunde Gewebe wird weitestgehend geschont. Dieses Verfahren kann bei einem örtlich begrenzten Lebertumor von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt erwogen werden, wenn der Tumor nicht mit anderen Verfahren wie TACE oder TARE behandelt werden kann, weil beispielsweise die Leberfunktion eingeschränkt ist. Die Stereotaxie kann auch als Überbrückungsbehandlung vor einer Transplantation eingesetzt werden, falls andere Therapieoptionen nicht in Frage kommen.1

Mit der stereotaktischen Strahlentherapie kann die Krebserkrankung nicht geheilt, aber das Wachstum des Tumors gebremst werden.1
Um Sie für die Zeit der Bestrahlung möglichst genau zu lagern, gibt es spezielle Lagerungshilfen. Der Radioonkologe oder die Radioonkologin erfasst die exakte Position des Tumors mithilfe einer Computertomographie (CT) und die Strahlendosis wird dann mit Unterstützung eines Computers genau auf das vorab definierte Zielgebiet gebracht. Der Tumor wird auf diese Weise zielgenau mit einer hohen Strahlendosis behandelt, während das umliegende (gesunde) Gewebe bestmöglich geschont wird.1

Systemische Therapien1

Eine systemische Therapie ist eine Ganzkörpertherapie. Das heißt, Sie erhalten Medikamente, die im ganzen Körper wirken. Das können Tabletten oder Infusionen oder eine Kombination aus beidem sein. Eine systemische Therapie wird man Ihnen vorschlagen, wenn eine lokale Therapie, zum Beispiel eine Operation oder Ablation, nicht möglich oder nicht ausreichend ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Leberkrebs sich bereits über die Leber hinaus ausgebreitet oder sogar in andere Organe gestreut hat.

Ziel einer systemischen Therapie ist es, das Wachstum der Tumoren zu verhindern oder zu verlangsamen. Dazu kann entweder die Blutzufuhr der Tumoren eingeschränkt, Enzyme innerhalb der Tumorzellen gehemmt oder das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen Krebszellen mit Hilfe der sogenannten Immuntherapien unterstützt werden.1 Dafür stehen verschiedene Medikamente mit unterschiedlichen Wirkweisen zur Verfügung. Welche Medikamente bei Ihnen eingesetzt werden, richtet sich zum einen nach Ihren individuellen Voraussetzungen und Ihrem Gesundheitszustand und zum anderen nach medizinischen Leitlinien. Es kann auch sein, dass Sie mehrere systemische Medikamente gleichzeitig erhalten.1

Bei allen systemischen Medikamenten müssen Sie mit Nebenwirkungen rechnen. Das ist nicht ungewöhnlich, allerdings sollten Sie immer mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über Ihre Nebenwirkungen sprechen. Oft ist es möglich, diese zu behandeln und so zu mildern. Je früher das passiert, desto besser. Systemische Therapien erhalten Sie in der Regel über mehrere Wochen, Monate oder sogar Jahre. Während dieser Zeit werden Sie regelmäßig untersucht, um festzustellen, wie gut die Therapie bei Ihnen anschlägt.1

Eine systemische Therapie kommt normalerweise bei einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium zum Einsatz (BCLC C).1 Ob und welche systemische Therapie bei Ihnen in Frage kommt, entscheidet das Behandlungsteam im Tumorboard. Dabei ist es für das Team auch wichtig, Ihre Wünsche genau zu kennen und mit einzubeziehen. Besprechen Sie sich also ausgiebig mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen. Im folgenden Video finden Sie Informationen zu systemischen Therapien.

Best Supportive Care (BSC)4

Bei der Best Supportive Care oder auch supportiven Therapie handelt es sich um Therapien, bei denen nicht die Bekämpfung des Krebses selbst im Vordergrund steht, sondern eine bestmögliche Unterstützung und Versorgung der Patient:innen. Mit ihr sollen Beschwerden gelindert und die Lebensqualität verbessert werden. Außerdem sollen Nebenwirkungen der Behandlung und weitere Begleiterkrankungen gelindert sowie die Lebensqualität verbessert werden.

Ziele der Best Supportive Care sind unter anderem die Behandlung von Symptomen (z.B. Schmerztherapie), der Erhalt der Selbstständigkeit im Alltag, die Minderung der Nebenwirkungen von Medikamenten/Therapien (wie beispielsweise Chemotherapie) und die Optimierung der Behandlungsergebnisse.4

Alternative und komplementäre Behandlungsansätze1

Wie viele andere Patient:innen fragen Sie sich möglicherweise, was Sie selbst noch zusätzlich tun können, um die Krebsbehandlung zu unterstützen. So können auch komplementäre (ergänzende) und alternative Behandlungen in Betracht gezogen werden. 

Komplementäre Verfahren sind Maßnahmen oder Behandlungen, die Sie unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend zur üblichen medizinischen Behandlung einsetzen können. Dazu zählen beispielsweise Naturheilverfahren oder traditionelle chinesische Medizin. Solche Verfahren können grundsätzlich zum Therapieerfolg beitragen. Auch können manche Nebenwirkungen durch bestimmte Verfahren gelindert werden, was zu einer besseren Lebensqualität beitragen kann.1

Wichtig ist jedoch, dass diese die medizinische Behandlung nicht ersetzen, aber ergänzen können. Wenn Sie auf eine nachgewiesen wirksame Behandlung verzichten, kann das lebensbedrohliche Folgen haben. Denn für komplementäre Verfahren konnte bislang in noch keiner Studie gezeigt werden, dass sie Leberkrebs aufhalten können.1 Außerdem sollten Sie beachten, dass auch Naturheilverfahren Nebenwirkungen und gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben können. Sollten Sie darüber nachdenken, komplementäre Verfahren anzuwenden, besprechen Sie dies auf jeden Fall mit Ihrem Behandlungsteam, um unerwünschte Wechselwirkungen mit ihrer Krebsbehandlung zu vermeiden.

Welche Möglichkeiten es gibt und was Sie sonst noch beachten müssen, finden Sie zusammengefasst in diesem kurzen Video.

Warum keine Chemotherapie?

Bei Krebserkrankungen denkt man zuerst oft an Chemotherapien. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebserkrankungen spielt eine systemische Chemotherapie bei Leberkrebs jedoch in der Regel keine Rolle.1 Alle untersuchten Chemotherapien haben sich bisher bei Leberkrebs als wenig

wirksam erwiesen.1 Eine Ausnahme stellt Leberkrebs bei Kindern dar, wo eine Chemotherapie nach der Entfernung des Tumors bei etwa der Hälfte der Patient:innen einen positiven Effekt zeigte.1 Bei Erwachsenen kommen Chemotherapeutika nur im Rahmen einer TACE lokal zum Einsatz.

Was bedeutet "Palliativmedizin"?

Das Wort “Palliativtherapie” oder “Palliativmedizin” löst bei den meisten Menschen Angst aus. Es ist im allgemeinen Sprachgebrauch fast untrennbar mit dem unmittelbar bevorstehenden Lebensende verbunden. Allerdings meint Palliativmedizin weitaus mehr als Sterbebegleitung und sagt nicht zwangsläufig etwas über die Lebenserwartung aus. Das Wort Palliativmedizin kommt vom lateinischen Wort pallium, was Mantel oder Umhüllung bedeutet. Im eigentlichen Sinn bezeichnen die Begriffe “Palliativtherapie” und “Palliativmedizin” alle Behandlungsansätze, die nicht auf Heilung, sondern auf

die Linderung der Symptome beziehungsweise Beschwerden und die Verbesserung des Wohlbefindens ausgelegt sind. Dazu zählen neben medikamentösen Behandlungen, wie zum Beispiel Schmerzmedikamenten, Antidepressiva oder Mittel gegen Übelkeit, auch psychologische Unterstützung oder Psychotherapie. Auch Krebstherapien, die in der Regel keine Heilung mehr erzielen können, aber das Wachstum des Krebses und damit vielleicht die Lebenszeit verlängern können, zählen dazu. In jedem Fall ist das Ziel einer Palliativtherapie, Ihre Lebensqualität möglichst lange zu erhalten.1

Was, wenn der Krebs wiederkommt?1

Wenn der Krebs wiederkommt oder eine Therapie nicht anschlägt, ist das ein großer Rückschlag. Ein Wiederauftreten des Krebses wird von Mediziner:innen Rezidiv genannt. Es bedeutet, dass die erste Therapie die Krebszellen nicht vollständig zerstören oder dauerhaft am Wachstum hindern konnte. In diesem Fall ist es möglich, eine andere Therapie auszuprobieren. In den medizinischen Leitlinien unterscheidet man deshalb zwischen Erst-, Zweit- und Drittlinientherapie. Die Erstlinientherapie ist die Therapie, die allen Patient:innen, die dafür in Frage kommen, als erstes verschrieben werden sollte.

Hat diese Therapie keinen Erfolg oder verliert sie mit der Zeit ihre Wirksamkeit, sollte eine Zweitlinientherapie versucht werden. Versagt auch diese Therapie, versucht man eine Drittlinientherapie. Je nach Ihren individuellen Voraussetzungen wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihnen möglicherweise eine Zweit- oder Drittlinientherapie empfehlen, wenn die erste Therapie nicht funktioniert hat.

Quellen:

1 Leitlinienprogramm Onkologie. Patientenleitlinie Leberkrebs. 2021. Online unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/Patientenleitlinie_Leberkrebs-1930022.pdf. (zuletzt abgerufen im August 2024)
2 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome, Langversion 4.0, 2023, AWMF-Registernummer: 032-053OL. Online unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome/. (zuletzt abgerufen im August 2024)

3 Krebsinformationsdienst. Immuntherapie gegen Krebs: Die körpereigene Abwehr nutzen. Online unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/service/iblatt/iblatt-immuntherapie.pdf. (zuletzt abgerufen im August 2024)
4 DocCheck Flexikon. Best Supportive Care. Online unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Best_Supportive_Care (zuletzt abgerufen im August 2024)

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